Verstoß gegen die Corona-Maßnahmen: Verwaltungsstrafen und Einspruchsmöglichkeiten in Österreich
Mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen hat die Bundesregierung ein in Bezug auf seine Rechtsgrundlage heftig umstrittenes Konstrukt erschaffen, welches aufgrund fehlender Konkretisierungen nicht nur im beruflichen Bereich, sondern auch bei seinen Maßnahmen zur Freizeitgestaltung zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt hat.
Gerade an den vergangenen Wochenenden führte das schöne Wetter dazu, dass sich viele Menschen im Freien aufhielten. In weiterer Folge gab es unzählige Verwaltungsstrafen wegen Verstößen gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz und den dazu erlassenen Verordnungen, zum Großteil wegen Nichteinhalten des Mindestabstandes von einem Meter. Dies führte zu großer Verunsicherung – Welches Verhalten verstößt gegen die geltenden Ausgangsbeschränkungen? Wie hoch sind im Falle einer Verwaltungsübertretung die Strafen? Welche Fristen sind in Zusammenhang mit einer Verwaltungsstrafe zu beachten?
Das COVID-19-Maßnahmengesetz sieht umfassende Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus vor, welche nach wie vor in Kraft sind.
Ein Erlass vom 06.04.2020 von Gesundheitsminister Rudolf Anschober konkretisiert einige dieser Maßnahmen. Demnach darf der öffentliche Raum nach wie vor nicht betreten werden, was beispielsweise Veranstaltungen unmöglich macht.
Ausgenommen von diesem Verbot sind jedoch (hier in gekürzter Form dargestellt) Betretungen,
- die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich sind;
- die zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen dienen;
- die zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sind, so wie Begräbnisse im engsten Familienkreis;
- die für berufliche Zwecke erforderlich sind, wobei berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.
- wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten
(§ 2 COVID-19-Maßnahmengesetzes).
Öffentliche Verkehrsmittel dürfen nur in den Fällen 1-4 verwendet werden. Daher ist es untersagt, mit dem Bus beispielsweise an den Stadtrand zu fahren, um dort spazieren zu gehen. Weiter ist die Abholung vorbestellter Speisen ist zulässig, sofern diese nicht vor Ort konsumiert werden. Auch hier und in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein Mindestabstand von einem Meter zu anderen Personen einzuhalten. Beherbergungsbetriebe dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen betreten werden, so etwa nicht zum Zweck der Erholung. Letztlich kam es noch zu umfassenden Betriebsschließungen.
Grundsätzlich gelten Übertretungen der in den §§ 39 und 40 Epidemiegesetz 1950 genannten Bestimmungen als Verwaltungsübertretungen und sind, sofern die Taten nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, mit Geldstrafe bedroht.
§ 3 COVID-19-Maßnahmengesetz sieht für Zuwiderhandlungen (wie zum Beispiel einer Zusammenkunft mehrerer Personen zum Zweck des sozialen Austauschs) eine Verwaltungsstrafe von bis zu 3.600 Euro vor. Wer jedoch als Inhaber einer Betriebsstätte nicht für deren Schließung sorgt und beispielsweise Coronapartys veranstaltet, muss sogar mit einer Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro rechnen.
Droht mir eine Strafe?
Zunächst ist festzuhalten, dass im österreichischen Verwaltungsstrafrecht der Grundsatz „Beraten statt strafen“ gilt (§ 33 VstG). Die in dieser gesetzlichen Bestimmung normierten Tatbestände lassen jedoch einen großen Auslegungsspielraum zu.
Ein Betroffener sollte sich dabei jedoch nicht darauf verlassen, dass es zu einer „Ermahnung/Beratung“ und nicht zu einer Bestrafung kommt.
Einspruchsmöglichkeiten:
- Die Strafverfügung ist ein Bescheid, welcher unter bestimmten Voraussetzungen ohne Durchführung eines sogenannten Ermittlungsverfahrens erlassen werden kann. Gegen eine Strafverfügung kann der Beschuldigte einen Einspruch erheben (§ 47 VstG). Die Behörde kann bei einer bemerkten Verwaltungsübertretung gemäß § 47 Verwaltungsstrafgesetz ohne weiteres Verfahren eine Strafverfügung in Höhe von maximal 600 Euro festsetzen. Im Fall der rechtzeitigen Einbringung des Einspruches kommt es zu einem ordentlichen Verwaltungsverfahren und die Strafverfügung tritt außer Kraft.
- Beträgt die Höhe der Strafe mehr als 600 Euro, also im Falle einer Verwaltungsübertretung im Sinne des Corona-Maßnahmengesetzes zwischen 600 bis 3.600 oder gar 30.000 Euro, so wird sofort ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Hier ist eine Rechtfertigungsmöglichkeit des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren vorgesehen, dabei kann der Beschuldigte dienliche Beweismittel vorlegen (beispielsweise Zeugen benennen).
Bei der Bemessung der Höhe der Strafe haben die Behörden oft einen gewissen Ermessensspielraum. Das Verwaltungsstrafrecht orientiert sich bei der Strafe grundsätzlich an der Schwere der Schuld und den Strafbemessungstatsachen. (Habe ich beispielsweise einen Milderungsgrund oder Erschwerungsgrund gesetzt? Welche Handlung habe ich gesetzt? Welche Auswirkungen gingen mit der gesetzten Handlung einher?)
Das bedeutet, dass die Höhe der konkreten Strafe nicht im Vorhinein festgesetzt ist, sondern von mehreren Faktoren abhängt. Reicht eine vorgesehene Ermahnung nicht aus, so kommt § 19 VstG zum Zug. Dieser Paragraph beschreibt die Strafbemessung und beinhaltet unter anderem die Begriffe „Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes“ und die „Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat“.
Darüber hinaus kann ein Zuwiderhandeln unter Umständen auch eine gerichtliche Strafbarkeit nach sich ziehen, besondere Bedeutung kommt dem Delikt der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten zu (§§ 178 ff StGB). Die strafrechtlichen Bestimmungen pönalisieren Verhaltensweisen, die typischerweise geeignet sind, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen.
Praxishinweis:
Die COVID-Gesetze und COVID-Verordnungen sind derzeit höchst umstritten. Greifen diese vielleicht in einem unzumutbaren Ausmaß in die Freiheit des Menschen ein? Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bei den künftigen Überprüfungen diese als gesetzwidrig oder verfassungswidrig beurteilt werden könnten.
Gerne beraten wir Sie fachlich und kompetent und nehmen Ihre Interessen im Verwaltungsstrafverfahren wahr.